10.-13.11.2023
Trockene Halong-Bucht (Tam Coc)
Morgens um 9.00 Uhr stehen wir vor dem Bahnhof in Ninh Binh. Erstmal eine Frühstückspho und dann kommen wir ausgeruht in Tam Coc am Rande der „trockenen Halong-Bucht“ an. Unsere hyperaktive Gastfamilie hat alles im Griff und so sind wir schon um 11.00 Uhr wieder im Touristenmodus. Ein Nachtzug für den 13.11. nach Hue wird gebucht, Taschen beiseite und ab zur ersten Bootstour durch die bizarren Felsformationen.
Es ist hier keinesfalls trocken, die Karstfelsen liegen eben nur nicht im Meer, sondern inmitten der Reisfelder, in denen sich derzeit die Wasserbüffel suhlen. Deshalb taucht die Landschaft in ein Schlammbraun mit farbigen Wasserplanzen-Blütenpunkten. Nur die Felsen sind immergrün. In der Pflanzzeit im Frühjahr muss das kräftige Grün die Landschaft noch bizarrer machen, es ist aber auch so schon beeindruckend, durch die vielen Höhlen zu gleiten und die Landschaft in sich aufzunehmen, immer noch in überraschend ruhigen Zeiten. Die Touristenbusse aus Hanoi kommen erst gegen 12.00 Uhr, wir konnten noch genießen.
Die Gegend ist am besten mit Rad und Motorscooter zu erkunden. Die nähere Umgebung nehmen wir mit Rädern in Angriff. Dabei ist das Radfahren das Unsportlichste, denn an jeder Pagode, jedem Tempel, jeder Höhle gibt es zahlreiche Treppen zu besteigen. Unser Aussichtshöhepunkt sind die 600 Stufen der Mua-Höhle hinauf zum Drachenfelsen: Die Sonne knallt bei 95 % Luftfeuchte gnadenlos auf die Hüte.
Landschaftlicher Höhepunkt ist die dreistündige Bootstour von Trang An. Das wird nie langweilig, jede Höhle ist anders und ab und zu kann man sich an einem Naturtempel die Füße vertreten. Auch hier ist es erstaunlich, wie schnell wir in der Naturumgebung Ruhe finden können und die Boote sich verteilen.
Die Bai-Dinh-Pagodenanlage ist als nationales Vorzeigeobjekt für die religiöse Toleranz des kommunistischen Regimes ein unbedingtes Besuchsziel in dieser Gegend. Scheinbar ergänzen sich hier kommunistische und buddhistische Veranlagung zu architektonischem Größenwahn auf das Trefflichste. Zu jedem Gebäude wird irgend ein Superlativ hervorgehoben. Größte Buddhastatue, größte Stupa usw.
Abgesehen davon kann die gesamte Anlage gerade wegen ihrer Größe eine erhabene Ruhe ausstrahlen. Vor allem der 1700 m lange Treppengang hinauf zur Pagode des Buddhas Shakyamuni, ist ein Erlebnis. Der gesamte Weg wird von insgesamt 500 2,5 m hohen Statuen gesäumt. Alles sogenannte Arhats, Jünger Buddhas, die noch nicht selbst zu Buddhas geworden sind.
Auch die große Buddha-Halle und die Halle der drei Perioden sind prächtig … und dann erst der Blick auf die riesige Stupa hinauf und von ihr herunter in die Landschaft … wir sind sehr froh, dass wir uns mit dem Bike durch den Regen hierher durchgekämpft haben.
Abgesehen davon, ist Tam Coc ein enorm touristisches Örtchen geworden. Jeder will etwas vom Kuchen abhaben und deshalb ist es überall sehr laut und glitzernd. Wir haben es mit unserem Homestay wieder gut in einer Seitengasse erwischt.
Unsere Wartezeit auf den Nachtzug nach Hué verbringen wir mit einer Tour nach Phat Diem und hinein in das quirlige Ninh Binh, dass uns nochmal Markttreiben vom Feinsten beschert.
Der Kathedrale von Phat Diem setzte Graham Greene ein literarisches Denkmal, als er die Situation im ersten Indochinakrieg in „Der stille Amerikaner“ beschrieb. Der Ort ausgestorben und die Bischofskirche als synkretistisches Bauwerk buddhistisch anmutend und katholisch angelegt, Turm und Platz ein neutraler Ort zwischen Mord und Totschlag. Sehr lesenswert und leider aktuell, dieses immer gleiche sinnlose Morden.
„Unmittelbar zu unseren Füßen stand, saß und lag die gesamte Bevölkerung von Phat Diem. Katholiken, Buddhisten, Heiden: sie alle hatten ihre wertvollste Habe - einen Kochherd, eine Lampe, einen Spiegel, einen Kleiderschrank, etliche Matten, ein Heiligenbild - zusammengepackt und waren damit in den umfriedeten Domplatz gezogen. … Was immer ihre religiöse Überzeugung sein mochte, hier wähnten sie sich in Sicherheit.“
1972 haben dann die Amerikaner den gesamten Komplex zerbombt, der nun wieder aufgebaut genauso erscheint, wie Greene in geschildert hatte, nur menschenleer, und die Hauptkirche leider verschlossen, als wir ihn besuchten.
Einmal mehr mit dem Nachtzug nach Hué!