14.11.-16.11.2023

Die Mitte Vietnams: Hué, Da Nang, Hoi An


Der Wolkenpass zwischen Hué und Hoi An ist die Wasser- und Wetterscheide des Landes. Die Regenzeit zieht sich nur in der Mitte Vietnams bis in den November hinein und das sollten wir erleben dürfen.

Wasser gibt es genug in diesem Land. Der Zug aus Ninh Binh fährt eine Ewigkeit durch Wasser: Reisfelder und mangrovenartige Plantagen soweit das Auge reicht. Und Hué empfängt uns mit Dauerregen, der nie langweilig gleich herunterprasselt, sondern hunderte Intensitäten für uns parat hält - vom Gefühl, wir könnten nun gleich unsere Schirme zusammenklappen bis zum Erleben der Sintflut.

Hué ist ein touristisches Muss wegen der riesigen Zitadelle der letzten Kaiserdynastie der Nguyễn. Im Dauerregen kämpfen wir uns durch die Überreste, statten auch der riesigen Marktszenerie einen Besuch ab, die entlang des Hương-Flusses ein lärmendes Schauspiel bietet. 

Der Hương-Fluss wird wegen seiner Orchideenvielfalt im Frühjahr als „Parfümfluss“ betitelt. Nun ist er allerdings eine schlammig-braune Gefahrbrühe, die sich bereits am Abend bis an den Markt herangearbeitet hatte.

Es regnete die Nacht durch und als wir am Morgen aus dem Fenster schauen, fahren die ersten Boote durch die Straßen. Unsere Weiterfahrt nach Hoi An fällt buchstäblich ins Wasser. Der Wolkenpass wegen Erdrutschen gesperrt, ein Zug unerreichbar - es blieb nichts anderes als eine Zwangspause im Hotel, das von der Außenwelt nur durch Boote zu erreichen war. Hier ein kurzer Eindruck per Video:

So schnell, wie das Wasser kommt, geht es auch wieder zurück. Am Morgen des 16.11. können wir die Straße wieder halbwegs trockenen Fußes passieren.

Mit dem Auto können wir nun starten und fahren durch Hué hinaus. Der Fahrer hat keine Skrupel, durch die noch überfluteten Senken hindurchzuschlittern. 

Anne und Claudia aus Berlin hatten Zugtickets und schließen sich uns aber kurz entschlossen an. Schön, das wir auf der Fahrt mal wieder ausgiebig schnattern konnten.



Eigentlich hatten wir auch Zugtickets für die Strecke nach Da Nang. Paul Theroux, der wohl berühmteste schreibende Bahnreisende, hatte diese Strecke kurz nach dem Abzug der Amerikaner bereist und beschrieben.

„Auf diese Schönheit war ich nicht gefasst gewesen; sie überraschte mich und machte mich im gleichen Maß demütig. … Wer hat jemals ein Wort darüber verloren, wie die Höhenzüge Vietnams so unvorstellbar großartig sind?“ (©️Paul Theroux: Abenteuer Eisenbahn. Auf Schienen um die halbe Welt. 1977) 

Leider fuhren die Züge wegen der Überflutungen noch nicht. Aber der Fahrer hat uns die gleichen Ausblicke versprochen, die Straße verläuft entlang der Küste und passiert eine Lagunenlandschaft mit vielen Austernfarmen und den Sandstrand von Lang Co.

Dann geht es hinauf zum Hai Vàn, dem sogenannten Wolkenpass, Hier trennt sich das Nord- und das Südwetter. Als Paul Theroux reiste, war hier auch noch die Teilung zwischen Nord und Süd. „Die Berge wurden höher, die Hänge bildeten ganze Amphitheater mit Ausblick auf das Chinesische Meer; sie waren blau und kahl und unheimlich, die Gipfel in Nebelschwaden gehüllt; … Wir fuhren über den schmalen Küstensaum zwischen Bergen und Meer, der immer noch der Regierung von Saigon gehörte. Das Wetter war umgeschlagen, oder sagen wir: Der Zug hatte uns aus dem ständigen Nieselregen in Hue entführt. Jetzt war es sonnig und warm.“


Eine politische Teilung ist nicht mehr zu bemerken, aber die Sonne zeigte sich und blieb uns seitdem treu.

Durch Da Nang ging es schnell. Und am Ortsausgang können wir noch die Steinmetzkünste der Buddhafigurenmacher bestaunen. Sie nutzen den Marmor der umliegenden Felsen, die auch als „Marble Mountains“ touristisch ausgeschlachtet werden. In den Höhlen der Felsen sind buddhistische Pagoden kunstvoll ausgeschmückt. Leider ist die meditative Stimmung von massenweise ausgeschütteten Chinesenbussen komplett zerstört.

17.-18.11.2023, Hoi An

Etwas überrascht sind wir von den überfluteten Gassen in Hoi An. Das hatten wir nicht erwartet. Aber die ersten Streifzüge durch die Gassen zeigen, dass auch hier häufig das Wasser bis in die zweite Etage der alten Häuser reicht. Hier wird das Wasser allerdings eher durch ungünstige Starkwinde in die Altstadt gedrückt. Wenn es dann noch regnet, und das hat es vor unserer Ankunft hier auch, dann sind die Gassen am Fluss unpassierbar.

Aber der entspannten Atmosphäre tut das in Hoi An keinen Abbruch. Es wird verkauft, gefeilscht, gebraten, gebacken … der Ort ist ein einziger Marktplatz. Als einzige Altstadt in Vietnam ist Hoi An von den vielen Kriegen verschont worden und kann nun davon profitieren.

Unsere Highlights in Hoi An:

  • ausgiebiges Schlendern durch die Gassen und dabei alle 30 Minuten ein Bia Saigon,
  • in der Markthalle am Küchenstand platz nehmen und alles probieren, was gut aussieht (in Hoi An sind das besonders die Cao Lẩu - geräucherte Reisnudeln),
  • Massage im Hotel, das wirklich großartig ist (La Charm Hotel)

und

  • am Abend eine Bootsfahrt mit obligatorischer Schwimmkerze! (Wir sind ja als Touristen dazu verpflichtet 😉)

Schattenseite war eine Radrunde zum Strand. Der Sturm hatte den Strand vollständig verschlungen, und das angespülte Strandgut ließ erahnen, wie schlimm es um unsere Meere steht. Der Strand glich einer Müllhalde und kaum jemand schien sich daran zu stören, das Styropor, Plastikfolie und Milchtüten sich auftürmten.


Unsere Reise neigt sich nun langsam ihrem letzten Drittel zu. Da wir unbedingt noch das Mekongdelta sehen wollen, können wir uns keine weitere Reisestation mehr leisten und beschließen, wohl oder übel, von Da Nang nach Saigon zu fliegen.