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Bogota, Tatakoa, San Augustin ...

Bogotá (21.-23.07.2019)

7,9 Mio Einwohner; 2460 m

kühles bis angenehm gemäßigtes Wetter mit Regenschauern; 15-23 °C am Tag

 

Das Erste, was wir von Kolumbien gesehen haben, waren natürlich die Lichter der Hauptstadt.

Eingebettet zwischen den beiden Kordillierengipfeln Guadalupe (3317m) und Monserrate (3152m) sieht man eine unüberschaubare Hoch-Ebene (Sabana de Bogotá), die derzeit von ca. 8 Millionen Menschen bevölkert wird.

Wir sind hier gut und ohne Komplikationen gelandet und in unserem Hostel im touristischen Zentrum, La Candelaria, untergekommen. Die normale Wetterlage Bogotás sieht reichlich Regen vor - so auch für uns. Wenn die Sonne allerdings durchbricht, leuchtet die Stadt sofort bunt auf. Viele koloniale Gebäude im bunten Anstrich, kunstvolle Graffiti und üppige Vegetation in den kleinen Parks setzen Farbakzente. Im Hintergrund von Osten leuchtet dann immer die hochaufragende Bergwand des Monserrate mit seiner Gipfelkirche.

Zum Eingewöhnen an die Höhe haben wir zunächst alle Hinweise ernst genommen und sind es am Sonntag ruhig angegangen. Dazu eignet sich die Carrera 7 ganz besonders. Sonntags wird sie als autofreie Straße zu einer kilometerlangen Mischung aus Fahrradevent, Flohmarkt und Kleinkunstfestival. Hier prallen die Gegensätze der kolumbianischen Gesellschaft aufeinander: Unbändige Lebensfreude bei einheimischen Flaneuren und Touristen, überall Musik, Tanz und Performance auf der einen Seite und bittere Armut und schier entwaffnende Traurigkeit bei vielen Bettlern und Kleinhändlern auf der anderen Seite. Dies ist nicht nur Flohmarkt zum Spaß, sondern überlebenswichtiges Feilbieten von Dingen, die bei uns schon lange aussortiert wären.

Wenn man La Candelaria vom Plaza Bolivar aus durch die Carrera 7 durchläuft und gelegentlich kleine Abstecher nach links und rechts macht, sind fast alle Sehenswürdigkeiten Bogotas zu erreichen. Die 1823 errichtete Kathedrale ist ein mächtiger klassizistischer Prunkbau. Auf ihrer Treppe kann man dem bunten Treiben um die Taubenschwärme stundenlang zusehen, v.a. wenn man sich in die leckeren heißen Fruchtsäfte mit Aguardiente verliebt. Aguardiente ist ein Likör aus Zuckerrohr und Anis und gibt mit der heißen Früchtemischung vor allem in den Abendstunden eine gute Vorbereitung auf die Nacht in ungeheizten Hotelzimmern ab.

Auch die älteste Kirche der Stadt, Iglesia de San Francisco, liegt auf dem Weg und ist wie alle anderen Kirchen auf dem Weg besonders am Sonntag während der Gottesdienste ein sehr erhabenes Erlebnis. Das Museo Botero war unser Kunsthighlight. Fernando Boteros Ode an die Pummeligkeit ist in einem wunderbaren Gebäudeensemble untergebracht.

Kulinarisch haben wir uns schon gut eingestimmt: Wunderbare Fleischbatzen vom Holzgrill sind zwar kein Beitrag zum Klimaschutz, ich fürchte allerdings, dass man diese Esskultur den Kolumbianern nicht austreiben kann - es schmeckt aber auch wirklich grandios.

 

Bogotá ist auch ein Freilichtmuseum für Streetart. Ein paar beeindruckende, z.T. hoch politische, Beispiele findet ihr im Fotoalbum auf unserer Seite.

 

Wir haben Boteros Muse mit ihrem Sohn spielen sehen! Mehr Fotos im Fotoalbum.


Desierto de la Tatacoa (23.-25.07.2019)

440 m

heißes trockenes Wetter mit einigen heftigen Regenschauern, deren Wirkung man zehn Minuten später nicht mehr wahrnimmt; bis zu 40 °C am Tag

 

Mit dem Bus geht es aus Bogotá hinaus. Von den sechs Stunden Fahrzeit nach Neiva brauchen wir zwei, um aus den nicht enden wollenden Vororten heraus zu kommen. Danach fahren wir durch wunderschöne grüne, nebelumwobene Berglandschaften hinunter in das Tal der kolumbianischen Lebensader, dem Rio Magdalena. Neiva ist eine Groß- und Hafenstadt am Rio Magdalena und wird meistens von den Touristen als Umstiegsort in die Tatacoawüste und nach San Agustín genutzt. Das machen wir auch und bekommen sofort ein Pick-up-Taxi, das uns mit abenteuerlicher Fahrt (zwischendurch werden noch die Einkäufe erledigt) über Villavieja in die Wüste zu unserem neuen Domizil bringt: Plötzlich sitzen wir neben dem Hauspapagei und schlürfen kühles Bier. Das „Casa de Campo los cactos“ ist ein wunderbares Refugium. Alles ist sehr einfach zusammengezimmert und zeugt vom Einfallsreichtum des Hausherren. Es ist alles da, was man braucht und die ganze Familie ist sehr aufmerksam und überaus freundlich. Mit dem Einbruch der Dunkelheit breitet sich ein unglaublich klarer Sternenhimmel aus. Wir machen uns sofort zum nachbarlichen Observatorium auf. Hier hat ein ehemaliger Angestellter des etwas weiter westlich gelegenen staatlichen Planetariums sein eigenes „Spielfeld“ eröffnet. Wir bekommen eine exklusive Erklärung der wichtigsten Sternformationen und sehen Sterne, die unsere Nordhalbkugel nicht zu bieten hat, Alpha Centauri zum Beispiel. 

 

Am Morgen nach dem obligatorischen Rührei beginnt unsere Wanderung in die beiden unterschiedlichen „Wüsten“. Die „desierto gris“ haben wir vormittags zu Fuß angesteuert. Schon die Schotterpiste dort hin bietet unterschiedliche Landschaftseinblicke und eine Vielzahl von unbekannten Vogel- und Pflanzenarten.  Der Weg durch die grauen Felsformationen lässt dann die Speicherkarte glühen, man kann sich gar nicht entscheiden, was fotografiert werden soll. Die Wanderung endet am bizarr in die Landschaft eingegossenen Pool - eine gute Abkühlung nach der schattenlosen Hitzetour. Am frühen Abend durchwandern wir dann noch die „desierto roja“. Einfach atemberaubend dieses Lichtspiel der Abendsonne mit dem rotem Gestein.

Mehr Fotos im Fotoalbum

 


San Agustin (25.-27.07.2019)

33500 Einwohner, 1695 m

warmes feuchtes Klima mit Regen vom Abend bis in die Morgenstunden; bedeckt, bis zu 25 °C am Tag

 

Durch das Tal den Rio Magdalena hinauf schlängelt sich unser Kleinbus in Richtung Pitalito. Die Straßenverhältnisse sind zum Teil abenteuerlich, der Bus muss eine große Umleitungsstrecke durch die Berge nehmen, was einerseits schöne Einblicke in die Farmkultur (Kaffee- und Bananenplantagen) zulässt, andererseits verlängert sich dadurch die Reisezeit erheblich. Am Ende brauchten wir statt der angegebenen vier Stunden fast sieben. Bei strömendem Regen geht es dann noch zu ACHT auf einem Pick-up hinauf nach San Agustin, wo wir die wunderbare „Finca Recreo“ von Fidel erreichen. 

Der frühmorgendliche Blick auf die Kaffeebüsche hinab ins Tal ist auch bei Regen ein erhabener Anblick. Fidel serviert Café Nero, Eier und Backbananen und wir sind voller Vorfreude auf den Tag.

Direkt in San Agustin am Tourismusbüro von „Sotracauca“ organisieren wir uns den Bus nach Popayan, der uns am nächsten Tag dorthin bringen soll. Hier lernen wir auch Adrian kennen, der uns als super Tagesbegleiter eine Tour mit seinem Jeep zusammenstellt: El Estrecho, wo sich der Rio Magdalena durch eine 220 cm enge Felsspalte zwängt, und die wichtigsten Ausstellungsorte der vielen Steinskulpturen aus der San-Agustin-Kultur sowie der Wasserfall „Salto de Mortiño“. Und immer dabei ein unglaublicher Ausblick auf die Schluchten des Rio Magdalena und seiner Nebenflüsse. Die San-Agustin-Kultur ist eine rätselhafte steinzeitliche Kultur, die ab ca. 3000 v.u.Z. im Gebiet des oberen Rio Magdalena nachzuweisen ist und dort spätestens im 15. Jahrhundert nach 4500 Jahren aus unerfindlichen Gründen wieder verschwindet. In ihrer kulturellen Hochphase zwischen dem 2. Jh. v.u.Z. und dem 7. Jh. u.Z. entstanden die vielen Steinstelen und Grabtempelanlagen, die eine beeindruckende visuelle Vielfalt bieten. Nebenbei sind die archäologischen Parks der Region, die man mit dem einmaligen Eintrittsbetrag von 50.000 COP und seinem erworbenen Besucherpass besuchen kann, wunderbar angelegte Park- und Waldanlagen, durch die man in Ruhe schlendern kann.

 

Am Abend sitzen wir zufrieden und glücklich mit selbst gemachtem Tomatensalat, San Agustin hat einen hervorragenden Gemüsemarkt, auf unserer Terrasse und planen die Weiterfahrt über Popayan nach Salento ins Valle de Cocora.

Mehr Bilder im Fotoalbum.


Popayán (27.-28.07.2019)

283000 Einwohner, 1700 m

warmes und sonniges Wetter mit einem kühlen Lüftchen

 

Popayán ist eine wunderschöne koloniale Planstadt, aber dorthin zu gelangen, ist für verwöhnte europäische Durchschnittsverkehrsteilnehmer eine Tortur. Wir werden von unserem Kleinbus an der Finca abgeholt und starten mit halbstündiger Verspätung um 14.30 Uhr. Da ahnen wir noch nicht, dass wir für diese 137 Kilometer durch die Vulkanhöhen des „Parque Nacional Natural de Purace“ über sieben Stunden brauchen werden. Nach dieser Fahrt haben wir mehr über das Land gelernt, als aus jedem Reiseführer zu entnehmen ist. Die eigentlich unbefahrbaren Pisten, die als Fernverkehrsstraßen ausgewiesen sind, schweißen die Insassen eines jeden Busses zusammen. Beeindruckend mit welcher Geduld alles ertragen wird. Das färbt auf uns ab. Und spätestens als die Kartons mit lebenden Küken in den Innenraum gestapelt werden und die dazugehörige Bäuerin ihr uraltes Handradio voll aufdreht, ist im Bus die Stimmung komplett. Die Pausen werden zum kulinarischen und sanitären Highlight. Unbegreiflich erscheint uns, wie die noch größeren Reisebusse und die riesigen Laster diesen Weg meistern können, ohne die z.T. tiefen Schluchten hinunter zu stürzen. Wir fahren bis auf 3200 m hinauf und dann nach Popayán ins Valle de Pubenza auf 1700 m wieder hinunter. Der Abend endet mit einem wundervollen „Pollo de limón“ in der Altstadt von Popayán.

La Ciudad Blanca trägt ihren Namen zurecht. Auch wenn die Stadtgründung mit dem Blut der Urbewohner bezahlt wurde, kommt man nicht umhin, die architektonische Leistung des Stadtgründers Sebastián de Belalcázar und seiner Architekten zu bewundern. Schachbrettartig angelegte (Calle und Carrera) Straßen und Gebäudekomplexe lassen uns nie die Orientierung verlieren. Sehr schöne weiße Häuserzeilen, Kirchen und Repräsentationsgebäude sind in einem tadellosen Weiß erhalten, v.a. nach dem schweren Erdbeben von 1983 ist die Stadt wieder neu geweißt. 

Wir sehen uns das Casa Mosquera an - das Stammhaus einer der einflussreichsten kolumbianischen Familien, die mehrere Präsidenten stellte. Der berühmteste war Tomás Cipriano de Mosquera, der viermal Präsident war. Humboldt hat in diesem Haus genau so übernachtet wie Simón de Bolivar, der Mosquera als väterlichen Freund ansah. 

 

Gegen Mittag verlassen wir Popayán in Richtung Armenia, unser Ziel ist Salento am Valle de Cocora.

Weitere Eindrücke im Fotoalbum.


Salento (28.-31.07.2019) und Zona Cafetera

4000 Einwohner; 1900 m

 

Salento ist ein buntes Eingangstor in die Zona Cafetera und der Ausgangsort in das einmalig schöne Valle de Cocora. Hier ist es zum ersten Mal so richtig international touristisch. Massenweise Backpacker landen hier für ein paar Tage, um in der Gegend zu wandern und am Abend zu feiern. Trotzdem verteilt alles sich ganz gut, es fühlt sich nie überlaufen an.

Wir gönnen uns ein Hotel am Hauptplatz und genießen das Treiben bei Cerveca oder Aguardiente.

Morgens mit den Willys zum Cocoratal gefahren zu werden, ist schon wieder so ein wunderbares Detail der kolumbianischen Beförderungskreativität. Wer mutig ist, springt gleich hinten auf das Stehgitter. Während die anderen Mitfahrer zu acht auf der Ladefläche gedrängt sitzen, kann man vom Gitter hinten wunderbar die Anfahrt bei Luft und wunderschöner Landschaft genießen.

Das Cocoratal ist dann wirklich atemberaubend. Vor allem die riesigen Wachspalmenhaine kennzeichnen die Berglandschaft. Wir entscheiden uns für einen Rundwanderweg, hinauf zu der Berghütte Acaime zur Casa de los Colibries und dann wieder zurück am Oberlauf des dort oben im Páramo de Romerales entspringenden Quindios. Das ist ein guter Rundweg zum Trainieren; ungefähr 1000 Höhenmeter hinauf sind schweißtreibend aber machbar. Wir haben richtiges Wetterglück. Normalerweise verschwindet der obere Waldabschnitt im Regen oder Nebel - bei uns ist Sonne pur und die Wege sind nicht zu matschig. Man sollte hier  aber auf jeden Fall Wanderschuhe und Regenzeug dabei haben, unsere Wetterlage war eher ungewöhnlich. So hat unsere Wanderung von ca. 13 Kilometern nur deshalb so lange gedauert, weil man sich kaum von den unzähligen Fotomotiven trennen kann. Vor allem die vielen Kolibriarten haben es uns angetan. Aber auch die bis zu 60 m hohen Wachspalmen sind ein majestätischer Anblick. Die Berghütte Acaime nennt sich zu Recht Kolibrihaus. Hier gibt es den seltsamen Kakao mit Käse, eine Tradition, die wir sicher nicht übernehmen werden, und dann geht die Wanderung ganz wunderbar im Flusslauf des Quindío mit vielen Hängebrücken und möglichen Badestellen in Richtung Cocora zurück. Die letzten Willys warten schon auf uns!

Viele Bilder im Album.


Medellin (31.07.-02.08.2019)

3,9 Millionen Einwohner; 1479 m

 

Wem beim Busfahren nicht übel wird, der sollte sich die Fahrt entlang des Caucatals nach Medellin nicht entgehen lassen. Hoch und runter windet sich der Bus entlang des Flusses nach Norden. Das Tal ist dicht besiedelt. Viehmärkte und anderes geschäftiges Treiben machen die Tagesfahrt zu einer abwechslungsreichen Besichtigungstour und der Blick hinab in das Caucatal ist mehrfach atemberaubend.

Medellin selbst ist erst auf den zweiten Blick ein Hingucker - aber mit ihrer jüngeren Geschichte und der atemberaubenden Stadtentwicklung, den überall freundlichen Menschen und dem angenehmen Klima hat uns die Stadt schnell für sich eingenommen.

Trotz der überall sichtbaren Wunden durch Armut, Gewalt und Drogenhandel setzt die Stadt sichtbare optimistische Zeichen und gehört zu den innovativsten Städten der Welt. Wir fragen uns, warum im reichen Deutschland in der Stadtplanung so wenig möglich ist, wenn man hier sieht, wie Medellin mit Radwegen, Metro und Seilbahnen dem Autoverkehr trotzt und viele grüne Oasen geschaffen hat. Das Prunkstück der Stadtentwicklung sind aber die escaléras electricas, ein 348 Meter langes Rolltreppensystem in der Comuna N.°13 San Javier. Das ärmste und schwierigste Stadtviertel, durch Bürger- und Drogenkrieg gezeichnet, war jahrelang ein gesetzloses Niemandsland. Im Museo Casa de la Memoria ist diese bittere Zeit der Violencia  eindrucksvoll beschrieben. Medellin war die gefährlichste Großstadt der Welt und die Comuna 13 darin wiederum der gefährlichste Ort. Durch innovative Projekte hat die Stadtpolitik in den letzten zehn Jahren unglaubliche Fortschritte erzielt. Die Comuna 13 und auch andere Armenviertel der Stadt sind wieder ins Stadtleben integriert, z.T. sind sie sogar touristisches Highlight, v.a. die Comuna 13 glänzt mit ihrer Graffitikunst und den Kneipen und Geschäften rund um die escaléras. Medellin hat heute eine geringere Mordrate als viele andere südamerikanische Großstädte.

In kolumbianischen Städten scheint es auch ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass sich gleiche Gewerke in einem Quartier ansiedeln. Wenn man eine Bank sucht, findet man keine, erst wenn man im Viertel der Banken dann alle nebeneinander hat. Gleiches gilt für Eisenwarengeschäfte (ferreterias), Bauhandwerksutensilien, Rattengifte, usw.! Wir sind in Medellin auf dem Weg vom Hotel in die Innenstadt durch ein Viertel der Autowerkstätten gewandert - eine skurrile Situation: Wir haben das Treiben dort genau so bestaunt wie die Werkstattarbeiter uns! (Siehe Fotos).

Am Ende ärgern wir uns, dass wir nicht mehr Zeit eingeplant haben und uns der Flieger schon nach zwei Nächten nach Santa Marta bringt.


Santa Marta 

500000 Einwohner; 2 m

und die Sierra Nevada; Teyuna (Ciudad Perdida); Parque Nacional Natural Tayrona (03.-13.08.2019)

 

Die älteste Kolonialstadt Kolumbiens, Santa Marta, lebt von ihrer Lage am karibischen Meer und als Ausgangspunkt für die touristischen Höhepunkte der fantastischen Bergwelt der Sierra Nevada und der Tayronaküste. Nirgendwo auf der Welt kann man von der Küstenlinie aus auf so kurzem und direktem Weg auf 5775 m hoch steigen. So hoch sind die höchsten Berge Kolumbiens, der Colón und der Bolivar, die beide einträchtig nebeneinander und schneebedeckt die Sierra krönen. Leider sieht man sie nur zweimal im Jahr, ansonsten ist der Dschungel der Sierra von Wolken eingehüllt.

Die Stadt selbst ist im Umbruch und beginnt gerade, die eigenen Reize, die vielen alten Villen aus der Kolonialzeit, wieder aufzufrischen. Derzeit bietet sich aber noch ein sehr ambivalentes Bild aus schmucken Hotels und Touristenläden und verfallener heruntergekommener Innenstadt.

Wir nutzen Santa Marta nur zur Organisation unserer Wanderung nach Teyuna und einen Verschnauftag am Strand von Taganga, der allerdings nicht zu empfehlen ist.

 

Teyuna („Ciudad Perdida“; 04.-08.08.2019)

Wer keine Lust hat, mit massenweise jungen, lauten und leider auch z.T. kulturlosen Backpackern, eine fünftägige Wanderung durch schönste Natur zu machen, sollte sich genau überlegen, wem er sich anvertraut. Der Weg hinauf zur sogenannten „verlorenen Stadt“ wird von verschiedenen zertifizierten Firmen angeboten. Wir entscheiden uns für  Guias Indigenas Tours und lagen damit goldrichtig. Die Tour ist vielleicht mit 1.100.000 COP (ca. 300 €) p.P. ein wenig teurer, dafür gehen wir am Ende mit José, einem kundigen Guide aus dem Wiwa-Stamm und Carlos, unserem Dolmetscher, in einer 7er-Gruppe. Auf der Strecke lässt es sich häufig nicht vermeiden, dass uns die großen Expotur-Gruppen begegnen, aber zwischendurch haben wir immer wieder Zeit für Fragen und Gespräche.

Ein wenig haben wir ja vorher schon gelesen, allerdings sind die meisten Internetbeiträge sehr reißerisch - entweder wird die Schwierigkeit maßlos übertrieben oder es wird ausschließlich der Eventcharakter betont. Die indigenen Stämme der Region, neben den Wiwas sind das die Kogui, Malayo und Arhuaco, haben allerdings dieser Wanderung zu einem ihrer wichtigsten religiösen Plätze nur zugestimmt, um der „zivilisierten Welt“ ihre Kultur und ihren Wunsch nach Respekt gegenüber der Natur zu vermitteln. José hat mehrfach betont, dass die Gefahr des weiteren Abbaus von Bodenschätzen besteht und der Raubbau an der Natur die gesamte Welt bedroht. Aus unserer Sicht war deshalb das massenhafte Durchschleusen von „Funtouristen“ echt grenzwertig.

Natürlich ist diese Wanderung auch eine sportliche Herausforderung. Deshalb haben wir uns von Beginn an für die Fünf-Tages-Variante entschieden. Obwohl die reinen Fakten nicht bedrohlich klingen (ca. 50 Kilometer bei 2000 Höhenmetern), es wird vor allem durch den Schlamm bei starken Regengüssen, die Hitze, die Luftfeuchtigkeit und die langen Anstiege sehr hart, aber wir konnten immer unser eigenes Tempo bestimmen und hatten dabei trotz aller Strapazen Zeit zur Beobachtung der unbeschreiblich schönen Natur. Immer wieder wechselt der Blick in Täler, auf reißende Flüsse. Plötzlich tauchen Gipfel auf, wenn die Wolken aufreißen, seltene Vögel und Schmetterlinge flattern vorbei und Orchideenblüten werden von Kolibris ausgesaugt. Leider hat Heiko noch eine Magenverstimmung zusätzlich geschwächt, so dass er drei Tage fast ausschließlich mit Cocatee und Zwieback überlebte, während die anderen das überraschend gute Essen in den Unterkünften genießen konnten (Fisch, Huhn, Rindfleisch mit Reis, Kartoffeln, Arepas). Überhaupt ist die Versorgung der Camps mit den Mulis eine logistische Meisterleistung. 

Teyuna selbst liegt am Oberlauf des Rio Buritaca. Nachdem wir den Fluss im Verlauf der Wanderung mehrfach durchwaten mussten - durch den starken Regen war er knietief angewachsen - ging es hinauf auf das Felsplateau: Die schönste Treppe der Welt, moosbewachsen und glitschig, ist dann mit den rund 1260 Steinstufen die letzte sportliche Prüfung, bis wir auf dem ersten Steinplateau stehen und staunen. Steinterassen soweit das Auge reicht, zwischen 900 und 1200 Meter hoch gelegen, wurden von den Tairona angelegt. Kurz vor der spanischen Landnahme war dieses Volk hoch entwickelt und in Architektur und Kunst überragend - die Tairona waren die Ersten, auf die die Spanier in der neuen Welt stießen. Teyuna war ihr Zentrum, man schätzt 2000 bis 4000 Bewohner haben hier Ende des 15. Jahrhunderts gelebt. Heute hat dieser Ort immer noch eine rituelle Bedeutung für die indigene Bevölkerung - im September kommen sie aus ihren Dörfern und leben ihre Religion vor Ort. Dann ist diese Wanderung nicht möglich. José erklärt geduldig die Riten und Gebräuche der Wiwa. Da wir uns Zeit lassen, können wir den Blick von der obersten Terrasse hinab fast touristenfrei genießen.

Nach fünf ereignisreichen Tagen müssen wir uns von José, Carlos und unseren sehr angenehmen Begleitern in der Gruppe (Paola, Urs, Caro) verabschieden - Danke für diese wunderbare Erfahrung! 

... viele weitere Fotos im Fotoalbum.

Tayronapark (Los Naranjos; 08.-13.08.2019)

Zurück in der Zivilisation: In Santa Marta nehmen wir unser Gesamtgepäck wieder auf, holen uns Bargeld und fahren direkt in das Tayronagebiet zurück. Man kann im Nationalpark auch übernachten, würde dann aber wieder auf die jüngere Genration Backpacker treffen - laufendes Musikgedudel, Gekreische und Massentourismus inklusive. Wir entscheiden uns für die östliche Randlage und beziehen ein vom Fincabesitzer Enrique und seiner Frau Kathalina privat geführtes kleines Ferienhäuschen. 800 Meter bis zum hauseigenen Strandzugang - Erholung pur. Der kleine Strand Los Naranjos erfüllt nun alle Versprechen von touristischen Karibikbroschüren - ohne dass man einer Menschenseele begegnet. Türkisblaues Meer brandet tosend gegen vereinzelte Felsen, weißer Sand brennt unter den Füßen und die Bananen von Enrique schmecken nach ein paar Stunden wie Backbananen - es fehlt nur der Drink. Aber lieber so, als lauter Mitgenießer! Dass wir wieder alles richtig gemacht haben, merken wir am nächsten Tag, als wir mit tausenden anderen Besuchern die Strände im Nationalpark aufsuchen. Der staubige Wanderweg - im eigentlichen Regenwald hat es bis heute seit 9 Monaten nicht geregnet - ist völlig überlaufen. Kaum ein Tier zeigt sich. Einzig die Maki Titti - kleine Affen - lassen sich nicht abschrecken und werfen gelegentlich mit Kokosnüssen. Ansonsten kann der Park nach unseren beeindruckenden Naturerlebnissen auf der 5tägigen Wanderung zur Ciudad Perdida nicht mehr so ganz überzeugen. Die Strände sind wirklich schön, aber ziemlich überlaufen, zumindest dort, wo auch Baden erlaubt ist. Wir entscheiden uns schnell - ab morgen nur noch Los Naranjos bis es für unsere Begleiter, Claudia und Detlef, wieder nach Hause und für uns nach Cartagena geht.

(Fotos im Album)

Cartagena (13.-18.08.2019)

1,3 Millionen Einwohner; 2 m

heißes und feuchtes Klima mit z.T. heftigen Schauern

 

Kolumbien ist ein Land der Gegensätze. Dem unglaublichen Reichtum an natürlichen Ressourcen, ethnischen Diversitäten und Kultureinflüssen steht eine bittere Armut an politischer, sozialer und gesellschaftlicher Stabilität gegenüber. So sehr sich alle Kolumbianer um einen Nationalstolz bemühen - die Fahne weht überall und allerorten sieht man das gelbe Trikot der Nationalmannschaft - so sehr sind sie doch sichtlich mit sich selbst beschäftigt: Die einen bemühen sich, ihren erworbenen Reichtum vor aller Welt zu präsentieren. So viele offensichtlich durch Operationen „abgerundete“ Schönheitsköniginnen, die im Kim-Kardashian-Look ihren Geldgeber mit sich herumschleppen und dabei darauf achten, dass auch alles gut im Selfie präsentiert ist, haben wir nirgendwo anders gesehen. Die anderen müssen Tag und Nacht um ihr täglich Brot kämpfen und sind rund um die Uhr damit beschäftigt, irgendetwas zu verkaufen. 

Am deutlichsten ist uns dieser Zustand in Cartagena aufgefallen. Wer vom Busterminal in die Stadt fährt, ist von der Armut der Vorstadtviertel genau so schockiert, wie vom dargestellten Reichtum der touristischen Altstadt. Die hat allerdings wirklich ihre Reize, ist aber auch völlig von Gringos überlaufen, besonders wenn sie aus den Kreuzfahrtschiffen entlaufen sind. Wir haben uns geschworen: Niemals werden wir mit einem nummerierten Aufkleber in Großgruppen durch Altstädte laufen. Trotzdem ist die wunderschön erhaltene Kolonialarchitektur sehenswert. Auch die Geschichte als Zentrale des Sklavenhandels, als zentrale Wirkungsstädte der Jesuiten und spätere Inquistitionshochburg ist es Wert, genauer untersucht zu werden. Das kann man in zwei Tagen gut schaffen. Wenn dann noch Zeit ist, lohnt sich ein Abstecher zu den wunderschönen Stränden der Isla Barú oder den Islas del Rosario. Wir fahren mit dem Schnellboot zur Playa Blanca und übernachten in einer Cabaña direkt am Strand - wunderbar. Entspannte Gastgeber, die sich rührend kümmern. Mit der Dunkelheit fährt Júnior dann noch mit seinem Boot in die hinteren Gewässer, in denen man bei 40 °C Wassertemperatur vor sich hin paddelt und dabei die im Wasser befindlichen Algen zum fluoreszieren bringt. 

Leider regnet es den Vormittag des zweiten Tages, aber trotzdem ein tolles Abenteuer. Immerhin war die Überfahrt nach Cartagena dann wieder trocken, jedenfalls von oben. Der Bootsführer rast dermaßen über die Wellenberge, dass alle Passagiere trotzdem völlig durchnässt sind.

Da wir nun langsam in Zeitnot geraten, entscheiden wir uns für den unökonomischen Flug. Wir wollen nach Quito, umgehen aber die teuren Flugpreise dorthin durch einen Inlandflug nach Cali und eine anschließende Nachtbusfahrt bis zur Grenze nach Ipiales. Das scheint in ganz Südamerika die Regel zu sein. Flüge über die Grenze sind sehr teuer. Inlandsflüge dagegen gut bezahlbar.

Adios Columbia.

 

(Fotos im Album)

Kommentare: 5
  • #5

    Martina Kurz (Samstag, 10 August 2019 22:14)

    Wir folgen euch, bleiben aber in Bayern. Macht weiter so.
    Viele Grüße Fam. Kurz

  • #4

    Heiko (Donnerstag, 01 August 2019 15:43)

    Moin Heinrich, gestern hatten wir eine weitere Busfahrt mit Hindernissen, aber wunderschön: Salento - Medellin mit zwei Stunden Umleitung, dafür aber Gratisblick ins Caucatal. :-)
    Grüße aus Medellin, Sigrun & Heiko

  • #3

    Ulli (Dienstag, 30 Juli 2019 23:53)

    Glückwunsch. Du hast die erste Nachricht verschickt. Beste Grüße

  • #2

    Heinrich (Dienstag, 30 Juli 2019 22:07)

    Auf den Busfahrten lernt man wirklich sehr geduldig zu sein :) sehr spannend alles!!!

  • #1

    Ulli (Dienstag, 30 Juli 2019 21:11)

    So schöne Fotos und tolle Erlebnisse! Ich bleibe hier- aber folge Euch. Bitte noch so viel mehr davon!